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Miri B
Schüler | Hessen
11.03.2018 um 15:33 Uhr
Guten Tag

Ich schreibe morgen mein Abitur im Fach Deutsch (LK) und hätte eine Frage zum Thema Expressionismus.

Der Expressionismus war eine Zeit des Umbruchs, die fatale Veränderung des Lebens- und Kommunikationsbereiches, die Industrialisierung sowie die politische Isolierung und der erste Weltkrieg prägten diese Epoche. Die Gesellschaft verroht, das Gedrängt sein der Menschen auf engstem Raum führt zu erscheinungen der Entmenschlichung, die Kriegsbedrohung und weitere Faktoren machte die Welt instabil. Dieses akute Krisenstadium der Gesellschaft hat für die Poeten die Voraussetzung gegeben, die Welt bewusster zu erfahren. Von dieser bewussteren Erfahrungsweise aus, scheint es so zu sein, als ob die expressionistischen Lyriker gedacht haben, dass jetzt die Zeit für eine Umgestaltung der Lyrik gekommen sei.

Inwiefern lies diese Umgestaltung platz für klassische Formen wie das Sonette?

Mit der Umgestaltung der Lyrik wurde besonders die Suche nach freien Ausdrucksformen ausgelöst, man wollte die „dichterischen Fesseln“ abwerfen, was dazu führte dass Größtenteils auf Reim, streng geregeltes Metrum und komplizierte Reim- und Strophenschema verzichtet wurde.

Das Sonette erfüllt diese Bedingungen offenbar nicht , warum wurde dennoch auf diese Gedichtform zurückgegriffen?

Ich entschuldige sämtliche Rechtschreibfehler und bedanke mich schon mal im Vorfeld für Antworten
0
#366722
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devian
Administrator | Nordrhein-Westfalen
11.03.2018 um 17:48 Uhr
Hey Miri,
bevor ich antworte, eine andere Frage. Hast du dieses Dokument vorliegen (das ich hochgeladen habe?). Daraus kommt zumindest genau dein Zitat und es wird auch genau auf deine Frage eingegangen xD (Siehe Punkt 2).

Hier mal das Fazit der Arbeit, weleches auch deine Frage beantwortet:

Zitat:
Die vorliegende Studie hat sich vor allem auf die Rolle des Sonetts während des Expressionismus konzentriert, anhand der drei Aspekte „Repräsentativität“, „Form“ und „Inhalt“ zusammen mit Johannes R. Bechers Sonett-Theorie und eine ausführliche Sonett-Analyse. Mit diesen Kriterien stellen wir fest, ob das Sonett auch zum lyrischen Expressionismus gehört. Dieser Text zeigt, dass dies auch der Fall ist.
Nur bezüglich „Repräsentativität“ lässt das Sonett kleinen Zweifel. Obwohl bedeutende Lyriker sich dem Sonett gewidmet haben, ist diese Dichtform nur gering in den von uns verwendeten Anthologien vertreten. Das könne ein Zeichen dafür sein, dass das Experimentieren mit den neu-erworbenen förmlichen Freiheiten das Sonett ins Abseits stelle, weil verschiedene Dichtformen auf Reim, streng geregeltes Metrum und komplizierte Reim- und Strophenschemata verzichten.

Dieses „Experimentieren“ geschieht aber auch innerhalb der Sonett-Form. Die Sonett-Theorie Bechers schreibt dem Sonett vor, was gestattet ist, um als Sonett in Betracht zu kommen. Die in dieser Studie analysierten Sonette sind mit Hilfe von dieser Theorie alle, was Form betrifft, als reine Sonette zu betrachten. Gerade weil die Sonette, der Form nach, große Variation zeigen, passt das Sonett in der expressionistischen Lyrik, solange man vor allem Auge hat für das Prinzip der Proportionalität. Schließlich ist der Expressionismus, wie Claudio Mende deutlich beschreibt, von Traditionsbruch und Beibehaltung traditioneller lyrischer Formen gemischt. Diese Mischung weist sich besonders das expressionistische Sonett auf.

Der „Inhalt“ der Sonette hat ohne weiteres die wichtigste Bedeutung im Expressionismus. In ihm werden die von Wilhelm Große vorgeschlagenen Themen dieser Zeit, nämlich „Untergang und Aufbruch“, „Großstadtlyrik“ und „Ich-Zerfall“, deutlich. Dass Große mit seiner Unterteilung Recht hat, unterstreichen zahlreiche Literaturgeschichten. So stellt die Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart auch die „Untergangsvisionen und Aufbruchshoffnungen der Epoche“ fest und verknüpft die Großstadt mit den Erfahrungen und Gefühle des Individuums.37 Diese Themen haben wir in der Sonett-Analyse beobachten können und unterstreichen die Rolle des Sonetts im Expressionismus: Das Sonett ist auch Ausdrucksmittel, neben (noch) freiere Dichtformen der lyrischen Expressionismus, wie z.B. August Stramms Freudenhaus, des herrschenden Zeitgeistes. Sowohl förmlich als auch inhaltlich ist das Sonett im Expressionismus also nicht fehl am Platze.
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devian (Julius)
0
#366728
 
indie-vidualist
Schüler | Hessen
11.03.2018 um 18:09 Uhr
Besonders die Sonettform in Kombination mit oftmals fünfhebigen Jamben (feierlicher, liedhafter Charakter) bildet einen absoluten Kontrast zum recht grotesken und chaotischen Inhalt des Gedichts. Dieser Widerspruch in sich ist wiederum übertragbar auf die Situation der Gesellschaft (äußerlich eine starke Einheit, vgl. erster Weltkrieg), andererseits innerlich (der Inhalt des Gedichts) die starke Kritik der Veränderungen (Industrialisierung, Ich-Dissoziation).
Somit ist ein Sonett genau das, was der Leser zunächst bei so einem Gedicht nicht erwarten würde, womit auch wieder ein weiteres zentrales Thema, die Ästhetik des Hässlichen, bedient wird. Zudem wird natürlich auch etwas die starre Form und der blinde 'Obrigkeitsgehorsam' des Volkes, der sich in der Vergangenheit sofort jeglichen literarischen und gesellschaftlichen Normen hingab, parodiert.
Viel Erfolg wünsche ich dir morgen, ich schreibe auch! :-)
3
#366730
 
devian
Administrator | Nordrhein-Westfalen
11.03.2018 um 18:25 Uhr
Dann wünsche ich euch beiden auch viel Erfolg smile
Zuletzt bearbeitet von devian am 11.03.2018 um 19:25 Uhr
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devian (Julius)
1
#366732
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BBCodes