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devian
Administrator | Nordrhein-Westfalen
18.03.2008 um 15:18 Uhr
So hier mal ein Thema zum Unterthema:
Felix Krull - Selbststilisierung als Lebensform

Hier können Beispiele gesammelt und diskutiert werden. Zum Beispiel ist das erstmal die Frage wie man diesen Unterpunkt verstehen soll.

Dazu erstmal die Definition laut Wikipedia zu Stilisierung:

Zitat:
Unter Stilisierung versteht man die Anpassung einer Gestalt oder Darstellung an einen bestimmten Stil oder die (oft schrittweise) abstrahierende Reduktion einer detaillierten oder naturgetreuen Vorlage (z. B. Zeichnung) hin zu einem einfachen Muster mit hohem Wiedererkennungswert und einfacher Reproduzierbarkeit (Vergleiche auch: Modell), Ein jedem bekanntes Beispiel ist die schon Schülern geläufige Stilisierung eines fliegenden Vogels zu zwei gebogenen Linien, die in der Mitte zusammenstoßen oder das Spiel „Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht“.


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Ich habe das wie folgt verstanden (der folgende Beitrag besteht schon in Thema: Felix Krulls Umgebung: Ambivalente, der Übersichtlichkeit aber habe ich dieses Thema extra erstellt):

Also ich dachte, dass man ausgehend von der Definition sagen könnte: Punkt, Komma, Strich - fertig is Felix gesicht oder besser noch Gesichter.

Demnach Reduziert sich Felix selbst auf die Formen Punkt, Komma und Strich. Ich denke dies macht er ziemlich häufig. Am Anfang des Buches reflektiert er auf Seite 26 über sich selbst, nachdem er das Modellstehen bei seinem Paten Schimmelpreester in verschiedenen Kostümen beschrieben hatte: Ich war für jeden ,,Aufzug [..] eigentlich bestimmt und geboren[...]; jedesmal gab ich, nach dem Urteile aller, ein vortreffliches Beispiel der Menschenart ab, die ich eben vertrat; ja, mein Pate wies mich darauf hin, dass mein Gesicht mit Hilfe von Tracht und Perücke sich nicht nur den Ständen und Himmelsrichtungen, sondern auch den Zeitaltern anzupassen schiene, von denen ein jedes, wie er uns belehrte, seinen Kindern ein allgemeines physiognomisches Gepräge verleihe''.

Hier spiegelt sich sicher auch ein Aspekt der Komik wieder, denn wie sollen sich die physiognomischen Strukturen eines Gesichts verändert.
Ich denka aber, dass mit ,,Selbststilisierung als Lebensform'' gemeint ist, dass Felix sich darauf versteht siene Identität auf Modelle von Menschen auszurichten. Er hat eigentlich keine eigene Idividualität. Dies wird deutlich, wenn man seine Beschreibung von ihm Selbst zur Kenntniss nimmt: ,,Ich aber besaß seidenweiches haar, wie man es nur selten beim männlichen Geschlecht findet, und welches, da es blond war, zusammen mit goldblauen Augen, einen fesselnden Gegensatz zu der goldigen Bräune meiner Haut bilkdete: so, daß es gewissermaßen unbestimmt blieb, ob ich nun eigentlich blond oder brünett von erscheinung sei, und man mich mit gleichem Rechte für beides ansprechen konnte.'' (Seite 15 oben)
Hier wird deutlich, dass er eigentlich keine eigene Identität hat: Er ist weder bründet noch blond und wirklich männlich ist sein Haar auch nicht. So könnte man sogar die Unbestimmtheit seines Geschlechts herrausdeuten.

Unterstrichen wird das Fehlen einer eigenen Identität, wenn man auf Seite 11 folgende Zeilen liest, wo er über sein Ich als kleines Baby/Kind spricht: Denn er stellt in Frage, ob er ,,jenes frühe und femde Wesen als >>ich<< bezeichnen darf''.

Oh und dann steht er auch nur in Kostüm oder nackt seinen Paten zur Schau. Als erselbst wird er aber nie gemalt. Ganz davon abgesehen beschreibt er das Gefühl, nachdem er sich verkleidet hatte und er wieder er selbst sein durfte oder besser gesagt musst, wie folgt: ,,Wenn ich aber nach beendeter Kurzweil meine schale und nichtige Alltagskleidung wieder angelegt hatte, so befiel mich wohl eine unbezwingliche Trauer und Sehnsucht, ein Gefühl unendlicher und unbeschreiblicher Langerweile, das mich den Rest des Abends mit ödem Gemüt in tiefer und wortloser Niedergeschlagenheit hinbringen ließ.''(Seite 27)

Auch hier wieder das Identitätslose. Seine Identität beschreibt er als ,,schal'' und ,,nichtig'' und ihn befiel die ,,Sehnsucht'' nach einer anderen Identität und den Spiel mit den Identitäten.

Aber ich weiß nicht ob das so richtig ist?!
Was meint ihr, trifft das zu?
Wenn ja, habt ihr noch andere Beispiele?
Ich dachte mir, dass man beim Stöbern im Buch ja wichtige Zitate zu diesem Thema hier sammeln könnte.
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devian (Julius)
1
#681
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WiebkeW
Schüler | Niedersachsen
30.03.2008 um 20:22 Uhr
Ich finde den Begriff "Selbststilisierung" auch sehr missverständlich bzw. vielfach auslegbar.

Leider kann ich - auch durch deine Zitate - nicht ganz nachvollziehen, worauf du hinaus willst ("Punkt, Komma, Strich usw.).

Ich kann ja kurz mal aufzeigen, wie ich mir das gedacht habe:

Ich denke, dass diese Idee der "Selbststilisierung" vor allem wurzelt in der Misserfolgstrategie des Vaters ("Ich gebe dem Publikum, woran es glaubt"), aber sich auch später noch konkretisiert, z.B. in der (sozialdarwinistischen) "Idee der Vertauschbarkeit" im dritten Buch, also als Felix erkennt, dass nicht nur ein natürlicher Adel, sondern der Zufall des Reichtums viele Menschen den Wohlstand beschert haben.

Im Vergleich zu Manolescu, der der Gesellschaft die Schuld an seinen kriminellen Aktivitäten zuschiebt (und sich folglich so seiner Verantwortung entzieht), betont Felix auffällig:
Er allein sei für sich und sein Leben verantwortlich. So inszeniert Felix sich als "Selfmademan", als jemand, der sein Leben selbst in die Hand nimmt, versucht, das Beste aus dem Leben "herauszukitzeln" und aus einem Meer von Möglichkeiten sich die "edlen Rosinen" zur Seite legt.

Ich denke auch (wie du auch meintest?), dass mit "Selbststilisierung als Lebensform" Krulls (identitätslose) Ausrichtung an bestimmte Charaktere gemeint ist, von deren Stil - also von deren Eigenarten und markanten Tugenden - er sich beeinflussen lässt.
Er entwickelt seinen eigenen "Stil", seine eigene "Handschrift", Tugenden, z.B. sein Selbstbewusstsein und -überzeugung, die Fähigkeit sich leicht Informationen und Fremdsprachfetzen anzueignen, sein ästhetisches Äußeres charmant einzusetzen, in beliebige Rollen zu schlüpfen, seinen Körper zu beherrschen (...) Viele Beispiele hierzu im Roman zeigen, wie sich Felix genau diese markanten Züge seinerseits von seinen Mitmenschen "abkupfert" und so sich einen „Stil“ zu Eigen macht.

Er inszeniert sich - erstens - vor uns, vor dem Leser, möchte durch seine komplexen Sätze und seine "gehobene" Sprache zeigen, dass er bessere Qualitäten aufweist als es seine ("liederliche") Herkunft und (mangelnde) Schulbildung vermuten lässt.
Und er inszeniert sich - zweitens - vor den Figuren, weil seine z.T. edle Kleidung, gepflegte Umgangsformen (....) die Zugehörigkeit auf den höheren Stand schließen lassen.
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Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
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#1001
 
devian
Administrator | Nordrhein-Westfalen
31.03.2008 um 22:04 Uhr
Ich meinte mit Punkt, Komma, Strich, dass Felix sich die markanten Charakterzüge typischer Figuren zu eigen macht und sie spielt.

Es kann aber auch gut sein, dass mit Selbststilisierung als Lebensform, wie du sagst, seine sich selbst aufwertende, inzinierte Charaktereigenschaft gemeint ist.
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devian (Julius)
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#1026
 
everon
Schüler | Niedersachsen
10.04.2008 um 00:05 Uhr
bezieht sich der punkt nicht vielmehr auf Thomas Mann also auf autobiografische Aspekte?
Thomas Mann schreibt ja Felix Krull oder auch Tonio Kröger nur weil er versucht die zeitgenössische Frage zu klären: Was is der Künstler? Oder welchen Platz nimmt der Künstler in der Gesellschaft ein? um die jahrhundertwende war das ja die Diskussion in einer zeit die militaristisch-imperialistisch und sozialdarwinistisch geprägt war. da war halt kein platz für brotlose kunst. thomas man jetzt stilisiert sich selbst in Form von Felix Krull. einen Außenseiter, nicht weil ihn die gesellschaft verstößt, sondern vielmehr weil er die dekadente gesellschaft durchschauen kann, voraus auch ein überlegenheitsgefühl resultiert (jeweils bei mann und krull). Er personalisiert sein existenzproblem durch Felix Krull und versucht dies durch eine hochstablergeschichte zu erörtern. ganz nach dem motto jeder Künstler is irgendwo auch ein Hochstabler..

kA das is nu mein gedankengang dazu..
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abi 08- häts' wohl gern..
1
#1665
 
Scr4tch
Schüler | Niedersachsen
10.04.2008 um 17:03 Uhr
Unsere Lehrerin hat uns im Unterricht darüber aufgeklärt und deswegen wage ich zu behaupten, dass die Aussage: "Es kann aber auch gut sein, dass mit Selbststilisierung als Lebensform, wie du sagst, seine sich selbst aufwertende, inzinierte Charaktereigenschaft gemeint ist." es ziemlich gut trifft.
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#1731
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BBCodes