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devian
Administrator | Nordrhein-Westfalen
07.03.2008 um 15:21 Uhr
Dies ist eine kleine Zusammenfassung zu der Rolle der EU in der WTO. Dabei werden fragen geklärt, wie:
Wie sieht sich die EU? Wie präsentiert sie sich auf internationaler Bühne? Welche Forderungen macht sie?
Sind die Forderungen vertretbar? Ist ihre Politik gerecht? uvm...

Dabei liefert diese Zusammenfassung keine direkten Antworten, sondern liefert Fakten und Aussagen, sowie kritische Betrachtungsweißen, die es jedem selbst ermöglichen soll sich eine differenzierte Meinung zu der Rolle der EU in der WTO bzw. als multilateraler Akteur auf internationaler Schaubühne zu machen und ob die EU diese Rolle nun gut oder eher schlecht spielt.

Alle Informationen wurden folgendem Pressespiegel zur Doha Runde vom 13. bis 18. Dezember 2005 in Hongkong/China entnommen.
An diesem Treffen wurde zusammen mit den Entwicklungsländern die Entwicklungspolitik thematisiert.

Pressespiegel: http://www.germanwatch.org/tw/hk05pres.htm


Falls ihr weitere Informationen, Fakten, Beispiele etc. habt, die hier reinpassen, postet sie bitte, da dieser Thread gut ein Sammelthread werden könnte (falls machbar die Quellen dazu schreiben).
Natürlich ist eine angeregte Diskursion sehr erwünscht.Könnt ja einfach schreiben, was ihr von der Rolle der EU haltet.
Meine Meinung poste ich auch am Ende.

_________________________________________


Was fordert die WTO:

-Radikale Öffnung der Agrarmärkte auch im Süden
-Marktöffnung auch für Dienstleistungen
Kurz: Freihandel – Liberalisierung der Märkte und Abbau von Handelshemmnissen.

Beispiele, die die Wirkung einer Radikale Öffnung der Agrarmärkte im Süden hätte:

-80% Prozent der insgesamt 852 Millionen Hungernden leben auf dem Land. Die Ergebnisse der Agrarverhandlungen und die Öffnung der Agrarmärkte haben/hättem einen direkten Einfluss auf ihre Ernährungsgrundlagen.
-Voraussichtlich würden der Vorschlag der EU und USA elf Entwicklungsländer zur Senkung ihrer angewandten Zölle für den Reissektor zwingen. Im Falle von Hühnerfleisch wären vierzehn Länder betroffen, von Mais sieben und von Weizen dreizehn Länder.
- Das Agrarabkommen würde es Entwicklungsländern verbieten, sie vor verheerenden Billigimporten und damit vor der Verletzung des Menschenrechts auf Nahrung zu schützen.

Wovon die westlichen Länder (insbesondere EU und USA) nichts hören wollen:

-Eine Kopplung von Subventionen an striktere ökologische und soziale Standards seitens der EU betreffend der europäischen Agrarwirtschaft
-Ein Verbot von Exporten unterhalb der Erzeugungskosten
-Die Nennung der EU eines Enddatums zur Streichung der für die Entwicklungsländer schädlichen Exportsubventionen
- Weder die EU noch die USA lassen Bereitschaft erkennen, wirksame Regelungen gegen Dumping zu akzeptieren.
- Die EU rückt zu den Verhandlungen mit einen Haufen Experten an, wogegen die Entwicklungsländer oft keine einzigen haben. Daraus folgt, dass die EU bei den Verhandlungen vielmehr mitbekommt, wogegen kleine Länder wie Burkina Faso relativ wenig mitbekommen. Das resultierende Abkommen bzw. die Einigung wirkt sich zwangsläufig zugunsten der EU aus.
- EU kann und tut es sehr wahrscheinlich auch hinter verschlossenen Türen bei Einzel Gesprächen Druck ausüben: ,,Wir streichen euch die Entwicklungshilfe‘‘ oder ,,Wir öffnen unsere Märkte nur dann, wenn ihr…‘‘
- Einer Kuh in Europa geht es besser als vielen armen Menschen.

Aber für den Kurs der EU und der WTO spricht:

- Für viele Entwicklungs- und Schwellenländer hat sich das Setzen auf eine handelsorientierte Entwicklungsstrategie ausgezahlt: In Südkorea und Taiwan genießen Industriearbeiter heute einen akzeptablen Lebensstandard. Das Reich der Mitte leistet, empirisch gesehen, weltweit mit den größten Beitrag zur Bekämpfung von Armut. Demokratisch geführte und ebenfalls stark auf den Export setzende Länder wie Chile und Südafrika erarbeiten sich Spielräume, um dauerhafte sozialpolitische Fortschritte auf den Weg zu bringen.
- Demokratisierung internationaler Handelsbeziehungen stellt eine historische Errungenschaft dar. Das Grundprinzip, dass sich alle Mitglieder im Handel gleichen Regeln unterwerfen müssen und Sanktionen riskieren, wenn sie sich nicht daran halten, ist nichts anderes als die Einhegung von wirtschaftlicher Macht.
- In der Vergangenheit wurden Deals zwischen der EU, den USA und Japan ausgehandelt. Aber heute sitzen auch bei den kleinsten Verhandlungsrunden die Brasilianer und die Inder gleichberechtigt mit am Tisch.
-EU-Hähnchen-Bombardement beweist nicht das Versagen des WTO-Regimes. Dieses erlaubt in solchen Situationen Importverbote und Sonderzölle. Dass diese Möglichkeiten nicht genutzt werden, liegt nicht an der WTO, sondern am Zusammenspiel von Importeuren und korrupten Regierungen

Die EU stellt sich gerne dar als:

-Multilateralen Akteur, der alle gleichberechtigt behandelt.
-Jemanden der weniger auf bilaterale Abkommen setzt
-Gute Supermacht, die einen sanfteren Weg als die USA verfolgt
Angebote der EU und USA für die Entwicklungsländer:
-Aus einem Interview mit Handelskommissar Lamy: ,,Wir werden die Exportsubventionen für Agrarprodukte abbauen und mehr Importe zulassen. Wir wollen Textilien ohne Zoll ins Land lassen. Selbst bei Dienstleistungen geht niemand so weit wie wir: Künftig sollen Fachkräfte aus den armen Ländern eine Zeit lang bei uns arbeiten dürfen. In begrenzter Zahl natürlich.‘‘
- Nach Japan und der Europäischen Union (EU) haben auch die USA eine deutliche Aufstockung ihrer handelsbezogenen Hilfen für Entwicklungsländer in Aussicht gestellt.
- Washington hatte Zollsenkungen für Landwirtschaftsprodukte von 55 bis 90 Prozent angeboten, die EU von 35 bis 60 Prozent.


Aus Sicht der EU:

Die Angebote von USA und der EU für den Agrarbereich seien großzügige Zugeständnisse.
Diese sind aber von wesentlichen "Gegenleistungen" der Entwicklungsländer in den anderen Bereichen abhängig.
-Marktöffnung = Allheilmittel
-„Wir geben kein Datum, bevor andere nicht auf unsere Forderungen reagieren“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission in Hongkong. Mit Datum ist das Datum gemeint, an dem die EU ihre Exportsubventionen abbauen will. Bis jetzt verschweigt man das Thema gerne und versucht den Blick auf andere Dinge zu lenken.

Gegner der EU sagen:

die Agrarsubventionen der EU erreichten 110 Milliarden Dollar im Jahr oder umgerechnet zwei Dollar am Tag für eine Kuh. „So viele arme Menschen wünschen sich, dass es ihnen wenigstens so gut ginge wie einer EU-Kuh."

Verschwörungen:

-Erpressung hinter verschlossenen Türen bei den Verhandlungen.
-Vorschläge, die bei den Gesprächen besprochen werden, wurden von großen Konzernen vorgeschrieben und dann der Politik vorgelegt:
Cargill (Lebens- und Futtermitteln) President Dan Amstutz -> Agreement on Agriculture
Computer Unternehmen wie IBM -> Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS)
American Express und City Group -> the general agreement on trade services
Schlußfolgerung: Konzerne regieren über die WTO
Mögliches Indiz, dass dies unterstreicht: Über hundert der größten Konzerne sind in der EU angesiedelt.


Was ist die WTO?

Die Welthandelsorganisation ist eine internationale Organisation mit Sitz in Genf, die sich mit der Regelung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen beschäftigt.
Die WTO hat zurzeit 151 Mitglieder, unter anderem die USA, Japan, China und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Etwa zwei Drittel der WTO-Mitglieder sind Entwicklungsländer. 32 Mitglieder der WTO gelten nach Definition der UNO als Least Developed Countries. Die WTO-Mitglieder erwirtschaften mehr als 90 % des Welthandelsvolumens. Wesentliche Nicht-Mitglieder sind ehemalige Staaten der Sowjetunion und mehrere Staaten des Nahen Ostens.
Entscheidungen werden nach dem Konsensprinzip geschlossen.
Es gibt drei Hauptorgane der WTO:
Die Ministerkonferenz als höchstes Organ, die mindestens alle zwei Jahre zusammentritt
Der Allgemeine Rat als ständiges Gremium aller Mitglieder
Das Sekretariat der WTO unter der Leitung eines Generaldirektors
Bei der dritten Ministerkonferenz in Seattle 1999 scheiterten die Verhandlungen, auch kam es zu massiven Protesten und Demonstrationen von Globalisierungskritikern.
Nach der Ministerkonferenz der WTO in Doha/Katar (2001) lief eine neue Welthandelsrunde (die so genannte Doha Development Agenda), die bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen sein sollte.
Zuletzt scheiterte im September 2003 in Cancún/Mexiko die 5. WTO-Ministerkonferenz am Widerstand zahlreicher Entwicklungsländer gegen die Agenda des „Nordens“ der EU und der USA.
Die Ministerkonferenz vom 13. bis 18. Dezember 2005 in Hongkong/China endete mit einem Kompromissvorschlag.

Ergebnisse:

Agrarexportstützungen sollen demnach in den entwickelten Ländern (USA,EU,Kanada) bis 2013 abgebaut werden (für Baumwolle bereits bis Ende 2006). Dieser Abbau wurde aber bereits zuvor von der EU beschlossen. Die industriell am wenigsten entwickelten Staaten sollen für 97 % ihrer Produkte bis 2008 einen weitgehend zoll- und quotenfreien Zugang zum Weltmarkt erhalten. Ausgenommen sind, auf Bestreben der USA, Textilprodukte.
Das darauf folgende Ministertreffen in Genf begann am 29. Juni 2006 und wurde am 1. Juli ergebnislos abgebrochen. Der Hauptstreitpunkt lag zwischen der EU und den USA einerseits und in der Gruppe der Zwanzig vertretenen Schwellenländern unter Führung Brasiliens und Indiens anderseits. Grund war erneut der Agrarmarkt: Vertreter der USA waren zu keinen weiteren Zugeständnissen zum Abbau von Agrarsubventionen bereit, was eine der zentralen Forderungen der Länder der Gruppe der Zwanzig war.


Quellen:
Alle Artikel, Infos und unten aufgeführte Links habe ich diesem Pressespiegel Ministerkonferenz vom 13. bis 18. Dezember 2005 in Hongkong/China entnommen: http://www.germanwatch.org/tw/hk05pres.htm

Leider ist es schwer herauszufinden, welche genauen Aussagen ich aus den 63 Artikeln übernommen habe.
Daher hier ein paar Links von den Seiten, von denen ich meine sie seien hilfreich (Nützlich für jene, die sich über diese Zusammenfassung hinaus informieren wollen).

1) Handelsblatt 15.12.05
WTO-Runde setzt EU unter Druck ,
http://www.handelsblatt.com/news/Default...t=ft&_b=1005184
2) TAZ 12.12.05
Menschenrecht vor Handelsrecht
Armin Paasch
Ein Scheitern der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO ist aus Sicht der Armen und Hungernden besser als die Umsetzung der Vorschläge von USA und EU
http://www.taz.de/index.php?id=archivsei...005/12/12/a0192
3) Spiegel Online 12.12.05
Nobelpreisträger Stiglitz zu WTO-Gipfel
"Die USA und Europa tragen gleichermaßen Schuld"
Matthias Streitz
Der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz erwartet ein Scheitern des Welthandelsgipfels, der morgen in Hongkong beginnt. Den USA und der EU - aber auch Brasilien - wirft er vor, die Interessen ärmerer Länder zu missachten. Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE erklärt er, wie eine fairere Lösung aussehen könnte.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,389873,00.html
4) FAZ Net 16.12.05
Feilschen im "Grünen Zimmer"
http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81...n~Scontent.html
5) Ein Interview aus der Zeit mit Handelskommissar Lamy über die Rolle der EU bei der WTO-Konferenz mit dem Titel ,,Wir sind nicht die Bösen''
http://www.zeit.de/2003/37/Interview_Lamy
6) ein Video von Globalisierungsgegnern:
http://radiohongkong.de/clip.php?clipId=1197[/I]
__________________

devian (Julius)
5
#476
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devian
Administrator | Nordrhein-Westfalen
07.03.2008 um 15:21 Uhr
Meine Meinung:
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Treffen und Verhandlungen korrupt ablaufen und viel hinter verschlossenen Türen gehandelt wird. Vor allem auch Erpressungen. Ich denke, dass jeder dort mit seinen eigenen Interessen hingeht und auch diese Verfolgen will, von daher halte ich nicht viel von ‘‘großzügigen Zugeständnissen‘‘ Herr Lamy. Entwicklungshilfen schön und gut, doch diese dienen doch mehr oder weniger auch eigenen Interessen: Der Anbindung der afrikanischen Märkte an die Europäischen.
Zudem kann ich mir auch vorstellen, dass bei den Verhandlungen die wirtschaftlichen Interessen großer Konzerne in Form von starken und besonders einflussreichen Lobbyisten mit einwirken.
Von daher sollte die EU nicht so eine weiße Weste anziehen sondern sich lieber darum bemühen ihre Exportsubventionen umzuwälzen auf die afrikanischen Bauern, dann geht es denen auch mal besser als so manch eine europäische Kuh.
__________________

devian (Julius)
1
#477
 
alquds
Schüler | Niedersachsen
15.04.2013 um 21:41 Uhr
jo sehe ich genauso
0
#242839
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BBCodes